Monat: September 2020
Kommentar zur Kreissituation
Kommentar
Philipp Eichert glaubt nicht ans Ende des Schießsports
Auch nicht der Anfang vom Ende des beliebten Schießsports sollte sich nach dem Lesen des nebenstehenden Mittwochs-Interviews mit Kreisoberschützenmeister Andreas Seifer abzeichnen. Optimismus ist angezeigt, hat der hiesige Schützenkreis Neckar-Zollern und seine 19 Vereine mit über 1500 Mitgliedern solche Talsohlen nicht zum ersten Mal überwunden. Zudem ist die momentane Misere der hiesigen Schützen weder hausgemacht noch in unserer Region einmalig –siehe kulturelle Vereine. Andererseits trägt auch der fehlende Schützen-Nachwuchs nicht unerheblich zu den Problemen bei. Andreas Seifer hat erklärt warum der Nachwuchs so spärlich geworden ist. Hier kommt allerdings noch hinzu, dass sich die für das Schießen interessierende Jugend sich erst ein paar Jahre später dieser Sportart zuwenden darf als dies in anderen Sportarten üblich ist. Bis sie dann dürften, haben sie sich schon anderweitig entschieden oder festgelegt.
Bei den Schützen erschwert die Ämterbesetzung die eingeschlichene Praxis, dass man gleich doppelt oder mehrfach seinen Mann/Frau in verschiedenen Positionen stehen muss. Um diesbezüglich etwas Luft zu schaffen befindet sich der Württembergische Schützenverband mit der angestrebten Auflösung der Schützenbezirke auf dem richtigen Weg, denn etliche Bezirks-Funktionäre sind auch in den Schützenkreisen und Vereinen tätig oder konnten deswegen dort bisher kein Amt übernehmen. Möglicherweise wartet man aber schon vielerorts auf solche Rückkehrer, denn die Besetzungsprobleme in den Vereinen sind kaum geringer als jene im Schützenkreis.
Was aber passiert wenn entgegen aller Hoffnung die vakanten Ämter im Schützenkreis doch nicht besetzt werden können? Natürlich wird es ein Beben in der hiesigen Schützenszene geben, was aber nicht mit einem Todesstoß für den Schießsport gleichzusetzen ist. Aber gravierende gesellschaftliche Folgen und Veränderungen wird ein solcher Knall schon nach sich ziehen. Sportlich zunächst weniger –vor allem nicht bei den aktiven Schützen in den Verbandsligen. Nach einem Anschluss eines Vereins an einen anderen noch bestehenden Schützenkreis blieben die sportlichen Anforderungen unverändert. Je nach Wahl des neuen Schützenkreises würden die Mannschaften in den Bezirks- und Kreisligen unter Umständen andere Gegner bekommen. Einschneidender wären die Veränderungen in den untersten Kreisklassen und den Zweit- und Dritt-Vertretungen, wo oft nur noch aus alter Kameradschaft zu Nachbarvereinen eine Mannschaft für den Rundenbetrieb zusammengetrommelt werden kann. Vereinsaufgaben sind nicht ganz auszuschließen. Mit der Folge, dass bisher gepflegte und unterhaltene Schützenhäuser und Schießanlagen vergammeln und verfallen. Ärmer wäre dann aber auch die Gesellschaft insgesamt, gingen dann noch mehr gesellschaftliche Events verloren.
Heikle Situation im SK NZ
Auch ohne Corona war 2019 bereits ein turbulentes Jahr
Das Mittwochsinterview
Bereits seit letztem Jahr droht dem hiesigen Schützenkreis Neckar-Zollern die Auflösung, falls nicht dringende Probleme angegangen und gelöst werden. Von Philipp Eichert
Besetzungsprobleme haben die Kreisschützenmeisterämter schon seit Jahren immer mal wieder. Auch das Kreisschützenmeisteramt (KSMA) des hiesigen Schützenkreises (SK) Neckar-Zollern (NZ) hatte schon früher mitunter solche Personalprobleme. Doch so knapp wie seit letztem Jahr ist es im SK bisher noch nicht geworden: Das Damokles-Schwert der Auflösung hängt über dem SK NZ, dessen sollten sich seine Mitglieder bewusst sein. Daher auch die Information über die Presse, um möglichst allen die Situation vor Augen zu führen und darauf hinzuweisen, dass letztlich alle Schützinnen und Schützen davon betroffen sind und sich mit der Problematik befassen sollten.
Dieses Jahr sollte „klar Schiff“ gemacht werden, doch da brach Corona über die Schützen und deren Administration herein und alle Entscheidungen verschoben sich. Wenig tröstlich, dass sich hierbei der SK in Gesellschaft mit dem Württembergischen Schützenverband (WSV) (Absage Landesschützentag) und dem Schützenbezirk (SB) Schwarzwald-Hohenzollern (SWHZ) (Absage Bezirksschützentag) befindet. Es sollte eigentlich das Jahr der entscheidenden Etappe in der Neustrukturierung des WSV und seiner Schützenvereine werden –doch dann kam Corona und hielt die Uhr an allen Fronten an. Auch wenn erst im nächsten Jahr der nächste Bezirksschützentag mit der Abstimmung über seine Auflösung sein wird, ist man sich im hiesigen SK zu 95 Prozent sicher, dass sich der SB SWHZ im Rahmen der geplanten Strukturreform auflösen wird.
Und wie sieht es im hiesigen SK NZ aus? Hier gibt der noch amtierende Kreisoberschützenmeister (KOSM) Andreas Seifer aus Empfingen zu bedenken, dass von circa 1500 Mitgliedern in 19 Schützenvereinen nur ein paar Freiwillige bereit sind ein Amt im Kreisschützenmeisteramt zu übernehmen – und diese auch nur aus einer Handvoll Vereinen kommen. Wird dieses Dilemma nicht überwunden, so drohe unweigerlich die Auflösung des SK. KOSM Seifer hofft, dass sich beim beabsichtigten Kreisschützentag im September oder Oktober in Betra zur seit längerem offenen Position des Kreisschulungsleiters keine weiteren hinzugesellen. Er selbst hatte das Amt seit April 2019 inne, als er es beim außerordentlichen Kreisschützentag in Dettensee für die restliche Amtszeit des vorzeitig zurückgetretenen Karl-Heinz Hofmeister übernommen hatte. Nebenher ist er noch seit 2004 Ober-schützenmeister der Empfinger Schützen und steht wegen anderer Aufgaben im eigenen Verein und der Gemeinde nicht zur Wiederwahl. Also muss ein Nachfolger gefunden werden. Einen Nachfolger braucht es auch für den Kreisschatzmeister (KSM) Michael Gonschorek. Ihn könnte eventuell Eberhard Gsell vom SSV Eutingen beerben, doch dann müsste er seinen Posten als 1. Kreisschützenmeister (KSM) aufgeben, was damit eine weitere freie Position bedeuten würde. Weiter machen würde Kreissportleiter (KSPL) Moritz Blank aus Nordstetten. Ebenso Dominik Dettling aus Betra, aber nur noch in einem Amt. Bisher war er 2. KSM und stellvertretender Kreisjugendleiter. Der 2. stellvertretende KSPL Rolf Huber aus Sulz möchte hingegen aufhören. Weiter machen würden auch Lothar Graf aus Mühlen als Beisitzer und Bogenreferent und die beiden anderen Beisitzer aus Betra, Kurt Quiskamp und Michael Hofmann-Bürger. Über Stand und Aussicht des SK sprachen wir mit KOSM Andreas Seifer.
Der Schützenkreis Neckar-Zollern präsentiert sich in erster Linie durch den Kreisoberschützenmeister und administrativ über das Kreisschützenmeisteramt. Wie stellen sich deren Aufgaben dar?
Zuvorderst steht die Mitgliederverwaltung (jetzt mit dem neuen Programm „MitCom“) inklusive Ehrungsverwaltung und die Organisation und Durchführung der Kreisschützentage. Sitzungseinladungen für Zusammenkünfte des KSMA und Vorständesitzungen und deren Leitung gehören zum Alltag. Außerdem ist der SK Mitglied in diversen Gremien und muss dort vertreten werden. So wird der SK nach der landesweiten Neustrukturierung Sitz und Stimme im Landesschützenmeisteramt haben. Zusätzliches Gewicht hat bereits die Durchführung der Kreismeisterschaften bekommen, da bereits jetzt dem Kreissportleiter die Weitermeldung zur LM obliegt. Nicht zuletzt steht das KSMA für die Kassengeschäfte und Finanzierung des kreisweiten Schießsports, Rundenbetriebs, Pokalrunde, Jugendausbildung und der Ausbildungszentren. Hier sind einige Aufgaben direkt vom KOSM oder seinem Stellvertreter zu übernehmen, andere werden fast vollumfänglich vom Kassier, der Sportleitung oder den Obmännern übernommen. Eine gewisse Erfahrung im Schießwesen und Organisationstalent sind für den KOSM sehr von Nutzen.
Wie haben die Schützen oder das Schießwesen allgemein die Pandemie überstanden?
Die Sommerrunde Großkaliber wurde bei guter Beteiligung komplett als Fernwettkampf geschossen. Die Rundenwettkämpfe der Kreisligen für 20/21 in den verschiedenen Disziplinen sind bereits wieder im normalen Modus ausgeschrieben -allerdings mit der Einschränkung auf neue Corona Situationen reagieren zu können. Der Schießbetrieb im SK und bei den Vereinen soll auf jeden Fall aufrechterhalten werden. Die finanziellen Beeinträchtigungen für die Vereine sind sehr unterschiedlich, vereinzelt wurden auch Corona-Zuschüsse in Anspruch genommen.
Wo hat das neue Waffenrecht, das ab September 2020 gelten wird, Auswirkungen auf den Schießsport?
Auf den Schießsport selber eher weniger, was Wettkämpfe oder Training angeht. Allerdings müssen sich die Schützinnen und Schützen an einige formelle und rechtliche Neuerungen anpassen, wie zum Beispiel wiederholte Bedürfnisprüfungen für den Waffenbesitz. Vor allem Neumitglieder mit dem Wunsch auf Waffenerwerb sind von den Neuerungen betroffen, da sich hier doch einiges geändert hat. Die Änderungen sind nicht alle sinnvoll und nachvollziehbar, beziehungsweise auch übertrieben. Hier konnte sich der DSB mit seinen Vorschlägen zu praxis- oder realitätsorientierter Auslegung und Umsetzung der Gesetze und Verordnungen nicht immer durchsetzen.
Nun zur finanziellen Seite des SK. Da notwendige Einnahmen aus den ausgefallenen Kreismeisterschaften fehlen, kommt der SK NZ mit dem was er in den Vorjahren zurückgelegt hat über die Runden?
Das Finanzpolster ist noch ausreichend, da zwar keine Einnahmen erzielt wurden, aber auch fast keine Kosten entstanden sind. Der laufende Betrieb ist nicht gefährdet.
Es ist ja keine neue Erkenntnis, dass die Führungsebenen in den Vereinen bis hinauf in die Kreis- und Bezirks-Ebenen überaltert sind. Hat man sich hierzu in der Schützenszene schon einmal Gedanken gemacht?
Im hiesigen KSMA ist die Altersstruktur zum Glück bisher recht gut gemischt. Natürlich ist es immer wünschenswert, auch junge oder jüngere Personen in verantwortliche Posten oder Gremien zu bekommen. Aller-dings ist hierzu auch erstmal deren Vorhandensein und deren Bereitschaft nötig. Hier muss man auch klar sehen, dass die jungen Leute heute schon sehr mit Schule oder Studium ausgelastet sind und sich daher jeder Verein oder Verband freut, wenn überhaupt noch Jugendliche zu ihnen kommen. Im jungen Erwachsenenalter haben verständlicherweise Berufs- und Familienplanung oder Hausbau Vorrang. Es bleibt also schwierig -allerdings in jeder Altersstufe-, da ja auch generell die Bereitschaft für ein Ehrenamt merklich nachlässt. Manchmal muss man sich aber einfach nur mal trauen, und merkt dann, dass es auch Spaß machen kann. Vor allem, wenn ein paar Gleichgesinnte mitziehen.
Durch die Bezirksauflösungen und Umstrukturierungen wird auch versucht gebundenes Personal für andere Ebenen freizubekommen. Werden wir die Mitglieder des KSMA, und speziell auch den KOSM, wo anders wieder treffen? Oder haben die eh schon alle einen Verein oder Amt an der Backe?
Nun, zuerst einmal müssen wir ja das KSMA wieder vollständig besetzt bekommen. Das hat oberste Priorität. Des Weiteren kann ich nur für mich sprechen. Zu meinen „besten“ Zeiten hatte ich in allen möglichen Bereichen fünf Posten gleichzeitig übernommen -das war schon sehr zeitaufwändig und stressig. Das würde ich nicht mehr machen und kann es auch keinem empfehlen. Leider sind es aber wirklich immer diejenigen, die eh schon einiges an der Backe haben, die gefragt werden oder noch mehr übernehmen sollen. Denn es weiß immer jeder, wer ein Amt übernehmen könnte und gleichzeitig genau, warum gerade Er oder Sie selber das nicht machen kann.
Vielen Dank für das Gespräch.